Info über die Ziele und Aufgaben der Landesvereinigung Saar
16. August 2022
Die VVN-BdA ist ein überparteilicher Zusammenschluss von Verfolgten des Naziregimes, Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern, Antifaschistinnen und Antifaschisten aller Generationen.
Gegründet wurde sie 1947 als Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) von überlebenden Widerstandskämpferinnen und Verfolgten aller politischen Richtungen. Ihre vorrangigen Ziele waren neben der Erinnerung an die Toten die Entschädigung der Opfer und die Bestrafung der Täterinnen ebenso wie die Pflege der Kontakte mit Überlebenden in allen ehemals besetzten Ländern.
In der Bundesrepublik fiel die politische Breite der Vereinigung dem Kalten Krieg zum Opfer, indem zunächst die SPD, später auch andere Parteien ihre Mitglieder aufforderten, die VVN zu verlassen. Allerdings gab es Überlebende aus allen Parteien und gesellschaftlichen Kreisen, die dieser Aufforderung nicht folgten, so entstammte beispielsweise der langjährige Präsident der Vereinigung Dr. Joseph Rossaint dem katholischen Widerstand.
In der DDR wurde die VVN 1953 aufgelöst. Erst mit dem Ende der DDR bildeten sich wieder staatlich unabhängige antifaschistische Bündnisse, die die an die Tradition der VVN anknüpften und die VVN-BdA in Ostdeutschland neu gründeten.
In der Bundesrepublik hat sich die VVN insbesondere gegen die Remilitarisierung positioniert und die Rückkehr von NS-„belastetem“ Personal in die Institutionen des Landes scharf kritisiert. Dazu gehörte auch das Personal des Inlandsgeheimdiensts, der die VVN und den Antifaschismus von Anfang an diskreditierte.
Ein 1962 eröffnetes Verbotsverfahren gegen die Vereinigung scheiterte daran, dass dem Vorsitzenden Richter eine aktive NS-Vergangenheit nachgewiesen werden konnte. Das international stark beachtete Verfahren wurde unterbrochen und nie wieder aufgenommen.
Als sich die VVN in den 1970er Jahren in Westdeutschland unter dem Eindruck der erstarkten NPD mit der Erweiterung zum Bund der Antifaschisten für die nachwachsenden Generationen öffnete, traten junge Menschen aus verschiedenen politischen Zusammenhängen ein. Unter anderem gab es trotz eines Unvereinbarkeitsbeschlusses der SPD regelmäßig Aufrufe der Jungsozialisten in der SPD (Jusos), Mitglied der VVN-BdA zu werden. So wurde aus der VVN die VVN-BdA.
Die Ereignisse der Jahre 1989/90 brachten auch für die VVN-BdA erhebliche Veränderungen. Die Vereinigung verlor im Westen ihre hauptamtliche Struktur und mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder. Dies geschah zunächst durch eine neue Satzung, in der den Basisgliederungen entscheidende Bedeutung zukommt.
Im Jahr 2002 erfolgte nach langen und ausführlichen Verhandlungen die Verschmelzung von VVN-BdA (West) und VVdN-BdA (Ost) zur aktuellen Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Heute ist die VVN-BdA eine partei- und spektrenübergreifende Organisation, in der es unterschiedliche Zugänge zum Antifaschismus gibt. Dies ist gewollt und drückt die gemeinsame Überzeugung aus, dass es nach den historischen Erfahrungen nie wieder Faschismus geben darf und alle, die aus diesen Erfahrungen gelernt haben, gemeinsam daran arbeiten müssen. Unser Freund Peter Gingold, jüdischer Kommunist und Résistance-Kämpfer, Bundessprecher unserer Vereinigung bis zu seinem Tod 2006, drückte es so aus:
„Unsere Eltern haben versagt, denn sie haben nicht zusammengefunden, um den Faschismus rechtzeitig zu bekämpfen. Dafür gibt es nur eine Entschuldigung: sie wussten nicht, was Faschismus an der Macht bedeutet. Für uns gilt diese Entschuldigung nicht.“
Die politische Vielfalt unserer Mitgliedschaft macht die Besinnung auf das gemeinsame Anliegen notwendig. Dazu gehört, dass wir kein, von einer einheitlichen Weltanschauung geprägtes Verständnis von Faschismus und Antifaschismus haben.
Dazu gehört ebenso, dass wir uns Positionen einzelner Mitglieder nicht zu eigen machen, uns aber auch nicht davon distanzieren; es gelten unsere Beschlüsse, die an der Breite der Mitgliedschaft orientiert sind. Ganz wie der Schwur von Buchenwald von der Breite der Überlebenden des KZ Buchenwald getragen wurde.
Der Schwur der befreiten Häftlinge von Buchenwald vom 19. April 1945 gilt uns (wie vielen Antifaschistinnen über unsere Vereinigung hinaus) als Vermächtnis, das wir mit den Organisationen von Überlebenden, ihren Angehörigen und Freundinnen in der ganzen Welt teilen. Meist werden nur die beiden letzten Sätze des Schwurs zitiert:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Die befreiten Häftlinge aus vielen Ländern hatten ein gemeinsames Schicksal als Verfolgte und Gegner des Naziregimes, und eine gemeinsame Hoffnung und teilten die Entschiedenheit, für diese einzutreten, welche sie im Schwur von Buchenwald formulierten. Dazu war keine gemeinsame Ideologie notwendig.
Die VVN-BdA lebt von der Begegnung und Gemeinsamkeit der Generationen. Sie reicht von Frauen und Männern, die den Nazis von Anfang an widerstanden, von überlebenden Häftlingen und aus dem Exil zurückgekehrten Antifaschistinnen und Antifaschisten, bis hin zur jüngsten Generation, die sich heute in ihre Tradition stellt. Sie stehen gemeinsam für antifaschistische Kontinuität.
Wir halten die Erinnerung an Widerstand und Verfolgung wach, arbeiten mit Schulen und Universitäten zusammen an der Erforschung der Geschichte, treten alten und neuen Nazis, Rassisten und Antisemiten offensiv entgegen, formulieren antifaschistische Ziele lautstark und fordern das Verbot aller faschistischen Organisationen, halten Blockaden gegen Nazi-Aufmärsche und –Versammlungen für ein zulässiges und notwendiges Element zivilen Ungehorsams, üben aktive Solidarität mit Geflüchteten, mit Migrantinnen und Migranten stehen an der Seite aller Opfer rassistischer und faschistischer Gewalt, ihr den Boden zu entziehen ist unser gemeinsames Ziel sind Teil lokaler, regionaler und internationaler antifaschistischer und antirassistischer Bündnisse sind aktiver Teil der Friedensbewegung, die sich gegen die Militarisierung der Außenpolitik und deutsche Kriegseinsätze und Bundeswehreinsätze im Inneren sowie Militarisierung des Bildungswesens wehrt treten ein für die demokratischen und sozialen Rechte, stehen in engem Austausch mit Gewerkschaften, gesellschaftlichen, ökologischen und anderen sozialen Bewegungen und bringen dort unsere Erfahrungen ein diskutieren, feiern und streiten gemeinsam unter der Losung
„Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“.