Gedenkveranstaltung zum 84. Jahrestag der Novemberpogrome in Saarbrücken

20. November 2022

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Vorstandsmitglied Katja Richter hält einen Redebeitrag zum 84. Jahrestag der Novemberpogrome vor dem „Band der Erinnerung“*

Die Menschen, deren Namen sich am „Band der Erinnerung“ wiederfinden, haben keine Stimme mehr, lasst uns diesen Menschen gedenken, ihre Stimme sein und weiterhin laut den Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus, Antiziganismus fortführen, damit sich die Geschichte nicht wiederholen kann, appelliert Katja Richter eindrücklich in ihrer Rede für die VVN-BdA Saar.

Die VVN-BdA Saar organisierte am 09. November 2022 eine Veranstaltung in Gedenken an die Opfer der November-Pogrome von 1938. Rund vierzig Personen besuchten die Veranstaltung zeitweilig. Im Verlauf der Veranstaltung wurde am „Band der Erinnerung“ vor der Synagoge in Saarbrücken ein Kranz niedergelegt und ein Redebeitrag verlesen. Die VVN erinnerte in ihrer Rede an die Betroffenen der Gräueltaten der Novembernacht 1938 in Saarbrücken, in deren Verlauf jüdische Menschen angegriffen und die damalige Synagoge an der Ecke Kaiserstraße / Futterstraße angezündet wurde.

„Auch Esther Bejarano, geborene Loewy, bis zu ihrem Tod im Jahr 2021 die Ehrenvorsitzende der VVN-BdA, erlebt diese schreckliche Zeit mit ihrer Familie in Saarbrücken“, weist Katja Richter hin. „Ihr Vater Rudolf Loewy, Oberkantor der jüdischen Gemeinde, unterrichtete als Lehrer jüdische Religion an Oberschulen und leitete einen Arbeiterchor in St. Arnual. Rudolf Loewy, der im 1. Weltkrieg gekämpft hatte, mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet und verstümmelt wurde, hoffte – wie viele – darauf, dass Hitler und seine Schergen nur eine vorübergehende Erscheinung seien. Als Esthers Vater in der Reichspogromnacht schließlich von den Nazis zusammengeschlagen und inhaftiert wird und dem KZ Dachau als ‚Halbjude‘ nur knapp entgeht, begreift Rudolf Loewy, dass nur noch eine Ausreise seine Familie schützen kann. Doch die Schweiz lehnte die Aufnahme ab, mit der Begründung, dass er kein ‚Volljude‘ sei. Für eine Ausreise nach Übersee fehlte der Familie das Geld. Ein Schicksal von unsagbar vielen, in jener Zeit. Später werden Esthers Eltern von den Nazis deportiert und erschossen. Die Familie schon Jahre zuvor zerrissen, überlebt nur zum Teil. Esthers Schwester Ruth wird ebenfalls ermordet. Sie selbst überlebt das Konzentrationslager Auschwitz, allein durch den Umstand, dass sie einen Platz im Mädchenorchester ergattern kann.“

Auch heute noch sind Juden und Jüdinnen Angriffen ausgesetzt, Synagogen angegriffen, Geschäfte beschmiert und antisemitische Parolen gerufen. Dies zeigt uns, wie wichtig das Engagement gegen Antisemitismus noch immer ist.

*Das „Band der Erinnerung“ gedenkt der jüdischen Opfer der NS-Herrschaft aus dem frühreren Saargebiet mit namentlicher Nennung als auch denen, deren persönliches Schicksal bis heute nicht in Erfahrung gebracht werden konnte. Im Rahmen einer Feierstunde am 4. September 2022 wurden das neue Denkmal „Band der Erinnerung“ und der „Platz der Erinnerung“ vor der Saarbrücker Synagoge offiziell eingeweiht.